Requirements Engineering: Was macht ein Requirements Engineer?

Geht es um die Entwicklung eines neuen Produkts, haben beteiligte Teams oft unterschiedliche Blickwinkel. Entwickler:innen legen den Fokus auf die technische Umsetzung, wohingegen das Design-Team stärker das Nutzererlebnis im Blick hat. Der Requirements Engineer sorgt dafür, diese Sichtweisen zusammenzuführen und sicherzustellen, dass alle Beteiligten jederzeit dasselbe Verständnis vom Ziel haben.

Requirements Engineer moderiert einen Workshop

Was macht ein Requirements Engineer?

Die Anforderungen an ein neues Produkt sind vielfältig: Es soll Nutzerbedürfnisse befriedigen, auf Unternehmensziele einzahlen und die Anforderungen verschiedener Fachbereiche erfüllen. 

Der Requirements Engineer bringt diese unterschiedlichen Erwartungen zusammen. Er spricht mit allen relevanten Stakeholdern, sammelt ihre Anforderungen und hinterfragt Annahmen. Ziel ist es, ein gemeinsames Verständnis darüber zu schaffen, nicht nur was entwickelt werden soll, sondern auch warum.

Das mag sich zunächst einmal abstrakt anhören, lässt sich aber anhand eines konkreten Beispiels erläutern. 

Beispiel: Banking-App

Angenommen, eine Bank plant eine neue Mobile App für ihre Kund:innen. Nun gibt es verschiedene Stakeholder mit verschiedenen Anforderungen an die App:

  • Kund:innen: In Kundenbefragungen findet der Requirements Engineer heraus, dass diese eine Überweisungsfunktion, eine intuitive Kontoübersicht und Push-Notifications bei Geldeingang wünschen. 
  • Compliance: Die Befragung des Compliance Teams ergibt, dass für bestimmte Funktionen starke Authentifizierungsverfahren wie 2FA oder PSD2 rechtlich vorgeschrieben sind. 
  • Produktmanagement: Das Produktmanagement möchte ein Sparplan-Feature in die App integrieren, um sich vom Wettbewerb abzuheben.
  • Software Engineering: Das Product Engineering Team weist darauf hin, dass es API-Limits und Kompatibilität mit bestehenden Backend-Systemen zu berücksichtigen gilt. 

Ein Produkt, viele verschiedene Blickwinkel, die der Requirements Engineer in Einklang bringt. Durch Nutzerinterviews, Workshops und Befragungen von Teams ermittelt er alle Anforderungen an ein Produkt, dokumentiert sie und sorgt dafür, dass diese während der gesamten Produktentwicklung eingehalten werden.  

Aufgaben

Konkret umfasst der Arbeitsalltag im Requirements Engineering dabei folgende Aufgaben:

Anforderungen erheben 

Zunächst gilt es zu verstehen, welche verschiedenen Anforderungen Stakeholder wie Nutzer:innen, Fachbereiche, IT, Management oder auch externe Partner an das Produkt stellen. Dazu bieten sich Methoden wie Interviews, Workshops, Dokumentenanalysen, Prozessbeobachtungen oder Prototypen. 

Anforderungen analysieren und strukturieren 

Der Requirements Engineer prüft Anforderungen auf Umsetzbarkeit, Widersprüche und Abhängigkeiten zu anderen Systemen. 

Hidden Requirements identifizieren

Oft sprechen Stakeholder nur das aus, was ihnen spontan einfällt. Sogenannte Hidden Requirements sind Bedürfnisse, die nicht direkt genannt werden, aber während Beobachtungen und Analysen zum Vorschein kommen. 

Constraints ermitteln 

Sogenannte Constraints sind bestimmte Rahmenbedingungen und Einschränkungen, die es bei der Produktentwicklung zu berücksichtigen gilt. Oft ist beispielsweise eine bestimmte Programmiersprache aufgrund vorhandener Infrastruktur gesetzt. Neben technischen Grenzen spielen dabei auch rechtliche Rahmenbedingungen, Budgets, Zeitpläne und Sicherheitsanforderungen eine Rolle. 

Dokumentation 

Um die Anforderungen für alle Beteiligten zugänglich zu machen, bieten sich je nach Projektart und Arbeitsweise verschiedene Instrumente wie Product Backlogs, Epics, Use Cases, fachliche Spezifikationen oder Vorgehensmodelle wie Design Thinking oder das V-Modell. 

Abstimmen und priorisieren 

Bevor es an die Umsetzung geht, prüft der Requirements Engineer gemeinsam mit Stakeholdern, ob alle Bedürfnisse korrekt erfasst und realistisch sind. 

Change- und Scope-Management 

Bei jedem Projekt ändern sich Rahmenbedingungen. Dabei gilt es, diese Änderungen zu bewerten und Auswirkungen auf Zeitplan, Budget und Architektur mit Stakeholdern abzustimmen.

Erforderliche Skills

Die obige Übersicht zeigt: Die Aufgaben eines Requirements Engineers sind vielfältig. Einerseits benötigt er analytische Fähigkeiten, um beispielsweise Nutzerdaten, Dokumente und Interviews auswerten zu können. Andererseits sollte er kommunikative Stärken mitbringen, da er in cross-funktionalen Teams arbeitet und sich im ständigen Austausch mit verschiedenen Fachabteilungen befindet. 

Gleichzeitig erfordert der Job Skills im Umgang mit bestimmten Methoden und Instrumenten wie Product Backlogs, User Stories, agiles Arbeiten, Kanban oder Scrum. Ebenso wichtig sind Moderations- und Fragetechniken, um in Workshops oder Interviews die wirklich relevanten Informationen herauszuarbeiten.

Requirements Engineer werden: Fortbildung und Schulung

Da es sich um keinen klassischen Studiengang oder Ausbildungsberuf handelt, gibt es nicht den einen Bildungsweg, der ins Requirements Engineering führt. Berufstätige in diesem Bereich sind häufig Quereinsteiger:innen aus angrenzenden Disziplinen und waren vorher häufig als Product Owner, im UX/UI Design oder im Projektmanagement tätig. 

Eine solide Grundlage für den Berufseinstieg bilden spezialisierte Fortbildungen, Bootcamps und Schulungen. Diese gehen oft über mehrere Wochen und enden mit einem Zertifikat als Bildungsnachweis. 

Unsere Digitale Leute School ist eine der führenden deutschsprachigen Bildungseinrichtungen im Bereich Produkt. In unserer Product Management Weiterbildung lernen Teilnehmer:innen Grundlagen des Requirements Engineering, praxisnah von Trainer:innen aus der Digitalwirtschaft. Unsere Kurse sind AZAV-zertifiziert und somit bis zu 100 Prozent förderfähig durch den Bildungsgutschein und das Qualifizierungschancengesetz

Gehalt

Requirements Engineers kommen vor allem in der IT zum Einsatz. Da digitale Produkte wie Software und Apps immer mehr Bereiche unseres Arbeits- und Lebensalltags durchdringen, ist die Nachfrage nach zertifizierten Fachleuten in diesem Bereich hoch. Entsprechend attraktiv sind die Gehälter im Requirements Engineering. 

So liegen Einstiegsgehälter bereits bei 45.000 bis 55.000 Euro jährlich. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Einstiegsgehalt in Deutschland liegt bei rund 43.000 Euro. Mit 2 bis 5 Jahren Berufserfahrung sind Jahresgehälter von bis zu 70.000 Euro möglich, während ein Senior Requirements Engineer mit mehr als 5 Jahren Erfahrung bis zu 90.000 Euro verdient.